Hufrehe – Laminitis

Was ist das?

Hufrehe ist eine hochgradige Entzündung der Huflederhaut und kann zur Ablösung dieser von der Hornkapsel führen und im schlimmsten Fall zum Ausschuhen der Hufe (gesamte Hornkapsel löst sich von der Lederhaut). Diese Trennung der Hufaufhängung ist in einer stark verbreiterten/gezerrten weißen Linie („Lamellenkeil“) zu erkennen. Zudem sinkt häufig das Hufbein ab und/oder rotiert. Die Rotation kann nur das Hufbein betreffen (Zehenwinkel von außen ändert sich nicht) oder die Hufkapsel (Hufbein ist auf dem Röntgenbild an normaler Position, jedoch ist der Huf äußerlich rotiert). Ist die Rotation sehr stark, kann es zum Hufbeindurchbruch kommen (Hufbein durchstößt die Sohle und wird sichtbar).

Die genauen Ursachen für die Rotation sind noch nicht 100% wissenschaftlich belegt. Es wird davon ausgegangen, dass die tiefe Beugesehne das Hufbein bei zerstörter Anbindung nach hinten zieht und dadurch die Rotation auslöst. Die Anbindung wird höchstwahrscheinlich durch die entzündliche Gewebeschwellung abgelöst. Deswegen empfiehlt sich sofortige Kühlung, die die Schwellung zurückgehen lässt und eine tiefe Einstreu, die dem Pferd eine entlastende Stellung ermöglicht (meist Zehe tief eingegraben).

Hufrehe ist nicht immer einfach zu erkennen, in ausgeprägter Form jedoch gibt es einige Indizien, die auf Rehe schließen lassen:

  • Pferd ist lahm, bewegt sich wenig oder liegt
  • schont die Trachten
  • Wechselseitige Entlastung der Hufe
  • deutlicher Wendeschmerz
  • offensichtliche Schmerzen, apathisches Verhalten, Schweißausbrüche, Muskelzittern
  • „Rehehaltung“ (Vorderbeine werden herausgestellt, Hinterbeine stark unter den Körper genommen)
  • warme Hufe, Pulsation (in der Fesselbeuge zu erspüren)
  • In chronischer Phase:
  • Ringbildung an den Hufen
  • starkes Wachstum der Trachten (oft an Ringen, die hinten steiler abfallen zu erkennen)
  • Verschwinden der Sohlenwölbung (manchmal erkennt man eine Hufbeinabsenkung auch durch eine einfallende Rinne über dem Kronrand)
  • Hufe sehen schnabelförmig aus und die weiße Linie ist stark verbreitert (besonders an der Zehe)

  

Die Phasen der Hufrehe

1. Jede Rehe beginnt mit der symptomlosen Initialphase. Diese dauert bei toxischer Hufrehe ca. 12-72h, bei mechanisch ausgelöster bis zu 8 Tage. In dieser Phase entwickelt sich die Entzündung, die in Folge den Hufbeinträger schädigt. Das Pferd verspürt zu diesem Zeitpunkt noch keine Schmerzen, das Hufbein hat seine Position noch nicht verändert.

2. Die folgende Phase wird akute Rehe genannt. Hier treten die typischen Rehe-Symptome auf, das Pferd leidet unter großen Schmerzen.

3. Als chronisch gilt eine Rehe, nachdem das Hufbein abgesunken oder rotiert ist. Auch hier hat das Pferd noch deutliche Schmerzen, die langsam weniger werden, wenn der Huf ohne erneuten Reheschub mit neuer Anbindung nachwächst.

Zwischen der 2. und 3. Phase können u.U. nur wenige Stunden liegen, aber auch bis zu 3 Wochen.

Ursachen

Es gibt verschiedene Ursachen für Hufrehe und die Ursache muss unbedingt gefunden und abgeschaltet werden. Nur so kann die Rehe abheilen und dem Pferd die Schmerzen genommen werden.

 

  1. Fütterung
    • Pferd verträgt kein Gras (dieses ist zu energiereich (Eiweiß & Fructan; inzwischen wird der Fructangehalt als gefährdender eingestuft als das Eiweiß) und zu rohfaserarm – das Wildpferd findet keine Hochleistungsweidegräser sondern nur karges Steppengras, worauf der gesamte Organismus ausgelegt ist)
    • unnatürliches Futter: Kraftfutter (zu energiereich), Heulage (generell umstritten als Pferdefutter, siehe bspw. HIER), zuckerhaltiges Futter (Melasse, Rübenschnitzel, Mais, Johannisbrot, Bananen, etc.), proteinhaltiges Futter (Klee, Erbsen, Bierhefe mit Biertreber, Luzerne, Soja etc.)
    • zu viel Futter
    • zu lange Fresspausen
  2. Überlastung bei falscher Hufform (angeboren oder durch falsche Bearbeitung) & Übergewicht
  3. Vergiftung (auch bei der Geburt möglich, wenn z.B. Plazenta nicht vollständig abgelöst)
  4. Medikamentenunverträglichkeit (Cortison, Entzündungshemmer Phenylbutazon, Metacam)
  5. Stoffwechselerkrankungen wie EMS & ECS
  6. bestimmte Erkrankungen (z.B. Borrelliose, Schilddrüsenleiden)

Was kann man dagegen tun?

Mein erster Ratschlag: Beugen Sie vor! Halten und füttern Sie Ihr Pferd artgerecht und vermeiden Sie ungünstige Weidezeiten (siehe Wann Gras in Sachen Hufrehe gefährlich ist). Eine physiologische Hufform vermindert ebenfalls das Rehe-Risiko.

Bei akuter Rehe sind folgende Sofortmaßnamen schnellst möglichst zu ergreifen:

  • sofern bekannt: Ursache ausschalten
  • Hufe & Beine kühlen (Wasser mit Eiswürfeln, nasser Sand, Kühlpads), nach dem akuten Schub/bei chronischer Rehe nicht mehr kühlen
  • Pferd aus der Herde nehmen und an einen Rückzugsort bringen -> die Bewegung soll minimiert werden (weicher Untergrund! – z.B. tiefer (min. 20cm), am besten nasser Sand, Späne, befeuchtetes Sägemehl, aufgequollene Holzpellets)
  • zehen- & tragrandentlastendes Sohlenpolster anlegen (lassen) ggf. keilförmig (auch hier streiten sich die verschiedenen Hufbearbeitungsrichtungen und man kann pauschal kein richtig oder falsch definieren; die wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber sind auch widersprüchlich; ausprobieren welche Polsterart dem Patienten am angenehmsten ist)

 

Allgemeine Maßnahmen

  • kein Gras (nicht einen Halm – wirklich KEINEN)
  • kein Kraftfutter, Zusatzfutter, Leckerlies, Äpfel, Möhren, etc.
  • keine Heulage, keine Luzerne (Alfalfa)
  • zuckerarmes Heu (1h wässern entzieht dem Heu Zucker)
  • Stress für das Pferd so gering wie möglich halten
  • nach abgeklungenem Reheschub und einsetzendem Bewegungsdrang: langsam steigernde Spaziergänge auf nicht zu weichen Naturböden mit Hufschutz, keine engen Wendungen, nicht zirkeln, nur so viel wie dem Pferd angenehm ist – Bewegung ist eine natürliche Heilungsmethode für das Pferd. Dadurch kommt die Durchblutung der Hufe in Gang, die wiederum die Genesung voran bringt. Die Bewegung sollte jedoch immer kontrolliert und nicht übertrieben werden, da beispielsweise wildes Toben auf dem Paddock mit Artgenossen die noch schwache Aufhängung des Hufbeins stark schädigen kann und das Pferd in seiner Heilung stark zurückwerfen kann. Mit dem Reiten sollte erst wieder angefangen werden, wenn das Pferd symptomfrei ist und mit Röntgenbildern eine geeignete Hufsituation nachgewiesen wurde. In der Regel ist dies nach dem kompletten Durchwachsen des Hufes erreicht, je nach Ausprägung des Reheschubs (und Qualität der Hufbearbeitung) auch früher oder später.
  • Als optimaler Boden nach, aber auch während der Akutphase hat sich 4-8mm Rundkiesel gewaschen (-> entstaubt), 10-15cm hoch bewährt (weitere Vorteile: leicht zu misten, keine Sandkolik, wird nicht gefressen, keine Staunässe, auch für Heufütterung geeignet)

Hufbearbeitung

  • Anfertigung von Röntgenbildern zur Findung der bestmöglichen Bearbeitungsstrategie
  • regelmäßig in kurzen Intervallen (2-4 Wochen; möglicherweise Mithilfe durch Besitzer notwendig)
  • Zehe bis durch die gezerrte weiße Linie bis an den Sohlenrand kürzen
  • Trachten niedrig halten
  • Polsterung, Hufschuhe, Hufcast, Klebeschalen (Zehe & Tragrand darf keinen Druck erfahren)

Tierärztliche Maßnahmen

  • Entzündungshemmer (Achtung gängige Mittel wie Phenylbutazon & Metacam können Hufrehe verschlechtern)
  • Schmerzmittel (nur in Extremfällen ratsam, da sich sonst die Pferde gerne überschätzen und die Hufe überlasten, was zu Rückschlägen im Heilungsverlauf führt)
  • Blutverdünner (Achtung, können den Magen angreifen, daher NACH dem Füttern geben)

Vorsicht generell bei Medikamentengaben, da diese immer Nebenwirkungen haben können (z.B. Magen-, Darm-, Leber-, Nierenschädigung).

Naturheilkundliche Maßnahmen

  • Blutegel (an den Kronrändern)
  • Aderlass
  • Akupunktur
  • Weidenrinde als Blutverdünner

 

Bitte denken Sie daran, dass ein an Hufrehe erkranktes Pferd stark gefährdet ist, ein erneuten Schub zu erleiden, wenn die Ursache nicht abgeschaltet wird. Bei den meisten Pferden bedeutet dies lebenslanger Verzicht auf Gras oder zumindest sehr starke Reduzierung auf Magerweiden (z.B. nur wenige Minuten oder mit Maulkorb). Auch wenn der Verzicht auf Weidegang hart erscheinen mag, die Schmerzen die ein Pferd durch Hufrehe durchlebt sind weitaus schlimmer.

 


Weitere sehr informative Seiten zum Thema Hufrehe finden Sie unter:

www.hufrehebehandlung.de

www.hufrehebehandlung.eu

www.tierheilkundezentrum.eu

 

 

 

 

 

 

 

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